MERKURS WEGE
Uralte Routen durchziehen das Gebirge
knüpfen unerhörte Verbindungen
Furchen der Säumer
Saumpfade
Lithographien der Bewegung
Spiegelungen des Begehrens
und manchmal treiben Winde noch
die Lieder von Last List und Lust
über die Gipfel
LITTERAE
Auf manchen Gipfeln
ein Berg auf dem Berg
eine zweite Natur
Gebirge im Gebirge
das Lesen der Felsen
mit Schritten schauen
die Blicke einer Spur
und dann die Hand
das Auflesen der Steine
und ein Mal errichten
Werk der Achtsamkeit
die poetische Geste
wo Weg und Steg
das Einfache steigern
sich ganz überlassen
ein Lesezeichen
ECHO ALPIN
Nachtgereist das Erblühen des Winters
im Schnee heimgekehrte Himmel
langsamer sind die Felle des Lichts
den Tälern entrungen ins Gestirn
wortgeweiht wächst das Vergessen aus
den Wiesen atmet die Zeit Narzissen
in weglose Räume tiefer noch pocht
von jeher jetzt ein Fremder im Stein
KORRESPONDENZEN
Und sie bewegt sich doch
im blinden Fleck ad hoc
der Schlaf erschlafft
im Mauerwerk die ersten
Risse radgedreht kommt
Schwung in die Welle
Umschwung und sie
bewegt sich doch es wächst
in Lichterem heimisch
das Wilde ein Rauschen
konsterniert die Gesichter
der Verstrickten stoßen
durch Masken Larven
den Damm im Visier
pro domo doch ohne
Vision Wehre im Auge
verbaut und sie bewegt
sich doch ondeggiamento
und sie bewegt sich
doch fremd ist die Sprache
den schlitternden Sinnen
FALTEN
Das Singen der Schneide luftgepflügt
auf den Klingen der Entfaltung
ein Falterflattern das Spalten der Zeit
im Bücherblättern gefalteter Wind
leichtfüßig die Hebung der Vokale
aus den Spalten wendig das Dauern
verjüngter Räume Berge und Täler
aufgeblüht der Signatur
vielfältig gesenkte Schrift im Origami der Jahre
VERSIONEN
Im Spagat des Lichtes
das zerfurchte Schwarz der Schrift
das Schwirren der Zeichen
in den Graustufen des Sinns
der Verse ver ver
aus den Schatten vertiert
LÜCKE
Der Sprung
aus dem Stand in den Sand
gesetzt
aufs Spiel
die Sicht ohne Licht
der Augen
innerer Blick
losloser
trifft
über die Kimme
der Nacht
das Sonnenkorn
übersteht
den Kugelfindling
dreht
um
dreht
Fortuna träumt
und streut erneut
in die Spreu
blindlings leicht
vielleicht
in die Lücke
Stücke
des Glücks
BLINDSTELLE
Auf der Spiegelebene
rollt der Mond sein Dunkel
in den Granit
die Sterne runden sich
in den Kugelmühlen
der Endlichkeit
Sonnenwinde jagen
die letzte Hoffnung
aus ihrem Versteck
auf den Nebelfeldern
wächst die Ratlosigkeit
ins Nichts
die Kinder des Ikarus
vergraben ihre Flügel
in Phönix' Asche
in den Niederungen
verbeißt sich der Tod
in seine Buchstaben
aus: Sabine Hemetsberger / WORT . GEORTET / BoD - Books on Demand