HÖLDERLIN - BÖGEN

 

 

    I.

 

    ... voll mit Rosen ist schon droben der leuchtende Schnee ...  *

 

 

 

    Höhenwege zwischen Orten

    Zwischenorte Blütenhorte

    weiß in weiß und schwarz verwurzelt

    Wandlungskünder die stimmen

    ins hochtiefe Da das Bild

    übergängig und heimkünftig

    wie Schneerosen die Vorhöfe der Poesie

 

 

 

    (  *  aus:  Friedrich Hölderlin, Heimkunft  )

 

 

HÖLDERLIN - BÖGEN

 

 

II.

 

Ein Rätsel ist Reinentsprungenes. Auch

der Gesang kaum darf es enthüllen. Denn

wie du anfingst, wirst du bleiben, ...  *

 

 

 

Über und über darüber hinaus

hervor und heraus überaus

ursprünglich und fortwährend

zugeneigt in Liebe bleibt

freilich verbunden die Bleibe

umfänglich geborgen der Sprache

 

immerzu im Werden treu

sich selbst Geborenes verwandelt

inwendig gefügt in lichtes Jetzt

wohl aus sich selbst gerät

 

 

 

(  *  aus:  Friedrich Hölderlin, Der Rhein  )

 

HÖLDERLIN - BÖGEN

 

 

III.

 

... und die Lilie duftet golden über dem Bach uns auf ...  *

 

 

 

 

Ungetrübter Sinn

aus Du und Du

der Augenblick

 

Abschied öffnet

dem Willkommen

das erstaunte Herz

 

ewig ist Musik

in Liebe gehalten

die Zeit

 

eine Atemschlaufe

von Zukunftsluft

durchweht

 

Lebendigkeit

entfaltet sich

im Schönen

 

 

 

(  *  aus:  Friedrich Hölderlin, Der Abschied / Zweite Fassung  )

Ouvertüre . fluid

 

 

              Hochgebirge

                                    Aufstieg

in wegloses Gelände

 

                      auf der topographischen Karte

                  rücken die Höhenlinien

              näher zusammen

 

Steigen

                    das in Serpentinen

      seinen Rhythmus findet

 

                          ständige Verschränkung

               passiert

    in Passage und Pass

 

                                 die Weitwürfe des Blicks

          oberhalb der Baumgrenze

                   schweifende Aufschwünge

 

über Geröllfeldern

      zersplittert

                              Wind die Luft

 

                 und auf einmal

                      zu Füßen

                 trennt sich Zeit

 

                  hineingeraten

             in ein inniges Fixativ

                        künftig

her                                                   zu

                        Quelle

                    ortloser Ort

 

                           in fließender

Rätselsprache

                                               ein Herzstück

 

                      verspiegelt

MELOS

 

 

Still ist es nie

auch nicht in den Nächten

nur flacher der Flor

der Geräusche

und loser geknüpft

 

fadenscheinig

des Tages Teppich

das Gitter

aus Kette und Schuss

taumelnd in gezählter Zeit

 

doch in dieser Nacht

da klingt die Luft

es zirkulieren Töne

in der Gravur

der Sternenschrift

 

doch in dieser Nacht

da sterben die Wörter

in den Falten der Sinne

zerfallen       zitternd

zu Sternenstaub

 

und das Herz der Bärin

treibt im Wurzelgeflecht

mit jedem Schlag

aus Morionblüten

das Wiegenlied der Welt

SPRACHE . EIGEN

 

 

wie aber

die weilweiten Höfe

so ganz

 

bei sich doch

Offenes halten

und Fernstes

noch verbinden

 

da scheinen die Worte

wie verwandelt

bleiben stehen          begegnen

aus:  Sabine Hemetsberger / WIE ABER DIE WEILWEITEN HÖFE SO GANZ / BoD - Books on Demand